Frühlingssingwoche 08. bis 15. März 2015

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Frühlingssingwoche 2015,
liebe Freunde der Walther-Hensel-Gesellschaft!

Bei der diesjährigen Frühlingssingwoche auf dem Heiligenhof in Bad Kissingen haben wir uns beim Singen und bei einem Vortrag erneut mit Walther Hensel und dem Finkensteiner Liederbuch beschäftigt. Da gab es für die meisten der Teilnehmer immer wieder Neues zu entdecken.

Neben diesem äußerst lohnenden Singprogramm war die Zeit ausgefüllt mit Musizieren, Volkstanzen, Basteln, Wandern und geselligem Singen. Ein besonderer Höhepunkt war die Fahrt nach Schweinfurt mit dem Besuch des Schäfer-Museums. Die Fülle und gediegene Reichhaltigkeit der Berichte in diesem Heft lässt das erahnen, was für uns Singwoche bedeutet, beinahe 90 Jahre nach der ersten Singwoche von Walther Hensel 1923 in Finkenstein. Viele Helfer sind für das Gelingen eines solchen Projekts notwendig, und das Zusammenwirken von Referenten und Teilnehmern muss einfach stimmen wie bei dieser Frühlingssingwoche.

So danke ich allen Referenten und Mitarbeitern für die gute Vorbereitung und Durchführung sowie allen Teilnehmern für das fröhliche Mitmachen! An dieser Stelle sei auch der Dank an das Bayerische Haus des Deutschen Ostens für eine finanzielle Zuwendung ausgesprochen. So wird der Bildungswert unserer Singwoche auch von dieser Seite anerkannt..

Allen Lesern wünsche ich frohe Stunden mit unserem Berichtsheft!

Herbert Preisenhammer im Mai 2015

 

 

Beispiele unserer Tagesabläufe:

8:00 Morgenkreis
8:15 Frühstück
9:15 Singen
10:00 Vortrag Klara Schumann, oder Singen bis 12 Uhr
12:00 Mittagessen
13:30 Mitgliederversammlung der WHG, sonst Mittagspause, Ausflug
15:00 Musizieren, Werken, Handarbeiten oder Freizeit für Bad Kissingen
16:30 Singen oder Vorträge 40 J. Singw. HH, über Walther Hensel usw.
18:00 Abendessen
19:15 Singen
20:15 Tanzen

Die Tage von Montag bis Samstag waren alle mit einem vollen Programm ausgefüllt, aber sehr abwechslungsreich und schön!

 

Handarbeiten

Im Altbau hat der Heiligenhof eine kleine Bibliothek. Dort traf sich eine muntere Schar zum Werken und Handarbeiten. Ich hatte Sets vorbereitet, die noch rechts und links mit Häkelborte verziert wurden. Am Anfang war es nicht so einfach, die Tücken des Musters zu durchschauen, doch auf einmal war die Spitze ganz flott gehäkelt. Passend zur Frühlingszeit fertigten wir aus 4-Lochknöpfen, wie sie in jeder Knopfschachtel zu finden sind, bunte Blüten, die als Schmuck für den Osterstrauß, Geschenkanhänger oder an einer Tasche ein kleiner „Hingucker“ sind. In manchen Jahren wird eine Handarbeit nicht ganz fertig und ruht dann sanft in irgend einer Schachtel. Diesen Stücken widmeten wir uns auch und vollendeten sie. Nebenbei konnten wir sehen wie unter Renates künstlerischen Leitung individueller gefilzter Schmuck entstand.

Wir hatten viel Freude miteinander und am Ende der Woche konnten wir hübsche Ergebnisse bei der kleinen Ausstellung zeigen. Danke allen, die mitgemacht haben.

Hanne Preisenhammer, Winnenden

Filzschmuck

Während der Frühlingswoche hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, nass zu filzen. Wir stellten überwiegend Schmuckelemente her. Zunächst legten wir dachziegelartig rote Wolle aus, besprühten sie mit heißer Seifenlauge und mit der flachen Hand wurde kreisförmig die Wolle verrieben. Aus den fertig gestellten Streifen wickelten wir kleine Rosen. Auf einer runden Schablone wurde ebenso Wolle aufgelegt und mit Seifenlauge verbunden. Es entstanden verschiedene Blüten und Blätter. Eine Herausforderung war das Herstellen von Perlen. Für eine große Kugel von ca. 2 cm wurde 20 cm Strangwolle abgeteilt. In der Mitte des Stranges wurde ein Knoten gebunden. Anschließend wurde die Kugel gleichmäßig mit der Wolle umwickelt und in heiße Lauge eingetaucht. Mit wenig Druck beginnt man in der Handfläche die Kugel zu rollen. Allmählich wird der Druck erhöht, bis die Kugel ihre Form erhält. Nach dem Trocknen wurden die Kugeln mit Glasperlen kombiniert auf Schmuckdrähten aufgezogen und so zu Ketten verarbeitet. Neben den Schmuckelementen entstanden Windlichter und Stulpen. Außer den Filzarbeiten wurden noch Faltarbeiten (Blüten) angeboten.

Die Ausstellung zeigte, dass die Teilnehmer ein großes Erfolgserlebnis hatten. Jeder hat mit viel Freude teilgenommen.

Renate Becker, Herzogenrath

40 Jahre Singwochen auf dem Heiligenhof

In diesem Jahr ist es 40 Jahre her, dass wir Oster- oder Frühlingssingwochen auf dem Heiligenhof veranstalten.

Der Vater von uns drei Brüdern Wolfgang, Herbert und Helmut, Adolf Preisenhammer, lernte den Heiligenhof bei Zusammenkünften der Kuhländler Volksgruppe kennen. Er hatte 1974 die Idee, zu Ostern 1975 dort zu einer Singwoche einzuladen. Nach acht erfolgreichen Sommersingwochen in den Jahren 1967 bis 1974 war dies der Beginn einer äußerst erfolgreichen Serie von 32 Singwochen auf dem Heiligenhof. Bis zur Ostersingwoche 1986 wurden alle Singwochen – insgesamt 35 Singwochen im Sommer, Winter und zu Ostern – vom Geschäftsführer Adolf Preisenhammer organisiert, die letzte 1986 mit 87 Jahren. Die ersten 15 Ostersingwochen dauerten acht Tage, fünf davon sogar neun Tage. Ab 1998 dauerten sie dann immer eine Woche.

Den „Besucherrekord“ hält die Ostersingwoche 1979 mit 160 Teilnehmern. Im Haus schlief man in Stockbetten in Mehrbettzimmern, über 50 Teilnehmer waren in Garitz in Privatquartieren untergebracht. Alle Stadien des Um-, An- und Neubaus erlebten wir, und heute freut man sich über Zimmer mit WC und Nasszelle in allen Zimmern und Aufzug im Haupthaus.

Bei jeder der 32 Singwochen auf dem Heiligenhof wurde als Ergänzung zum Wochenprogramm eine Halbtages-Busfahrt organisiert. So erkundeten die Teilnehmer das ganze Mainfränkische Land von Fulda bis Würzburg, von Hohenroth bis Bamberg. Eine besondere Ganztagsfahrt führte die 88 Teilnehmer der Ostersingwoche 1990 auf die Wartburg.

In der Frühlingszeit wurden besonders viele Lieder für diese Jahreszeit aus der Taufe gehoben. Besonders die Gablonzerin Charlotte Dreithaler hatte ihre Freude an den Vertonungen ihrer Gedichte. Viele bekannte Persönlichkeiten arbeiteten in den Anfängen der Ostersingwochen mit, darunter Olga Hensel, Werner Gneist, Herbert Wessely, Karl Pimmer, Alfred Wittmann und Werner Kinzler. Bemerkenswert ist auch, dass seit 1982 bis heute fast ununterbrochen Ursula Brenner als Tanzleiterin zur Verfügung steht.

Dies sollte ein kleiner Rück- und Überblick über die 40 Jahre Singwochen auf dem Heiligenhof sein. Wie viele Jahre werden noch folgen?

Herbert Preisenhammer, Stuttgart

 

Walther-Hensel-Gesellschaft 40 Jahre – 1975 bis 2015
Oster- und Frühlingssingwochen auf dem Heiligenhof – Bad Kissingen

 

Tagesbericht Montag, 9. März 2015

Der erste Tag unserer Frühlingssingwoche 2015 war angebrochen, und wir hatten uns um 8.00 Uhr zum Morgenkreis versammelt. Roswitha Leonhard-Gundel hatte die Aufgabe übernommen, den Morgenkreis zu gestalten. Als Märchenerzählerin wählte sie verschiedene Märchen und Auszüge aus dem Leben und Werk der Brüder Grimm zum Thema. Am 9.3. brachte sie das Märchen „Die sieben Raben“, vielen von uns aus Kindertagen bekannt. Märchen gehen gut aus, so auch hier: Das Schwesterchen konnte seine verwunschenen Brüder erlösen.

Nach dem Frühstück begann um 9.00 Uhr das Singen. Herbert teilte die zusammengestellten Unterlagen aus, und wir begannen mit der Einstudierung des Liedes auf der 1.Seite: „Laue Luft kommt blau geflossen“, Worte von J. v. Eichendorff, Weise und Satz von Herbert Preisenhammer. Herrlich!. Die ganze Woche mit allem Liedgut lag noch vor uns.

Nach dem Mittagessen und einer anschließenden Ruhepause stiegen die verschiedenen Gruppen um 15.00 Uhr ein in das Vorhaben: Musizieren mit Instrumenten, Werken und Handarbeiten.

Um 16.30 Uhr erlebten wir eine Computerschau zum Thema „40 Jahre Singwochen auf dem Heiligenhof“, zusammengestellt und dargeboten von Helmut Preisenhammer. Dabei erfuhren wir, wie die Teilnehmerzahl in all den Jahren stark geschwankt hatte.

Nach dem Abendessen durften wir uns wieder am Liedgut erproben und anschließend tanzen. Der Tag fand dann sein Ende beim Singen nach Wunschprogramm und einem guten Schlückle im Weinkeller.

Waltraud Füssmann, Dortmund

Tagesbericht Dienstag, 10. März 2015

Beim Morgenkreis erzählte uns Heidrun Beißwenger in Plattdeutsch das Märchen vom „Fischer und sine Fru“, wunderschön zu hören, auch wenn wir nicht immer alles verstanden. Dieses Märchen war für die Brüder Grimm sehr wichtig.

Nach dem Frühstück gingen wir mit Herbert in den Finkensteiner Heften weiter, um Lieder von Walther Hensel aufzustöbern und (an)zu singen.

Um 10.00 Uhr hielt Heidrun einen facettenreichen Vortrag mit Bildern, Zitaten und Musikbeispielen über das Leben und Werken von Clara Schumann.

Beeindruckend, ein Frauenschicksal nachzuerleben, welches für die damalige Zeit in vielem sicher sehr typisch war. Clara Schumann (geb. Wieck) lebte von 1819 bis 1896. Sie war eine sehr begabte Musikerin und starke Frau, die sich dennoch ihrem Vater und später ihrem Ehemann Robert Schumann unterordnete (unterordnen musste).

Sie wuchs in einer musikalischen Familie auf, die Mutter war Musikerin und der Vater führte eine Musikschule. Als Scheidungskind kam sie mit 5 Jahren mit zwei Brüdern zum Vater. Der Vater förderte sie gezielt. Clara war ein Wunderkind und hatte mit 9 Jahren ihr erstes öffentliches Konzert im Gewandhaus in Leipzig. Für den Vater war Claras Können ein Beweis für die Güte der von ihm entwickelten Unterrichtsmethoden. Ab 11 Jahren hatte Clara regelmäßige öffentliche Auftritte. Mit 17 Jahren komponierte sie ihr erstes Werk.

Der Vater war strikt gegen die Heirat von Clara mit Robert Schumann. So kam es zum Zerwürfnis zwischen Clara und ihrem Vater und Clara heiratete „ihren“ Robert im September 1840. Es war klar und von Clara akzeptiert, dass sie nun vor allem (Haus-) Frau und Mutter war und erst an zweiter Stelle Pianistin und Komponistin. Da Robert zum Komponieren absolute Ruhe brauchte, kam Clara nur noch selten zum Klavierspielen.

Zu Weihnachten 1840 komponierte sie eine Sonate in g-Moll als Geschenk für Robert. In 14 Ehejahren war Clara zehnmal schwanger und zog sieben Kinder auf. Robert war z. T. mit seinen Aufgaben als Dirigent etc. überfordert und hatte immer öfter „düstere Seelenstimmungen“. Auch kritisierte Robert die Auftritte und das Spiel seiner Frau immer öfter, vielleicht weil er selber nicht so erfolgreich war. Entsprechend den Arbeitsstellen von Robert zog die Familie öfter um, zuletzt ins Rheinland. Dort wurde der psychische Zustand von Robert so verzweifelnd, dass er selbst den Wunsch hatte, in die „Irrenanstalt“ zu kommen. Er lebte noch zweieinhalb Jahre in einer Heilanstalt bei Bonn und starb 1856. Nun musste Clara sich und die sieben Kinder allein durchbringen. Sie wurde zu einer begehrten Klavierlehrerin und starb am 20. Mai 1896. Sie hätte nicht nur eine wunderbare Pianistin sondern eine große Komponistin werden können, wenn sie das nötige Selbstvertrauen und keine große Familie gehabt hätte.

Vielen Dank Heidrun für diesen intensiven Einblick in das Leben einer beeindruckenden Frau und Künstlerin!

Um 13.30 Uhr wurde die Mitgliederversammlung der WHG abgehalten. Das Nachmittagsprogramm begann mit Musizieren/Werken/ Handarbeiten. Um 16.30 Uhr und um 19.15 Uhr wurde gesungen und das offizielle Programm mit dem Tanzen um 20.15 Uhr abgeschlossen.

Brigida Ferber, Neuwied

Tagesbericht Mittwoch, 11. März 2015

Wir müssen zu früh aufstehen…für mich schon immer ein Nachteil… und trotzdem: Ich komme immer wieder gerne zurück – jedes Jahr. Ich freue mich auf das so schöne Singen, auf all die netten „altbekannten“ Gesichter, freue mich auf die Stubenmusik – und die Stuben-Musiker/innen. In diesem Jahr fehlte allerdings ein altbekanntes Gesicht. Jeden Morgen zum Morgenkreis erzählte Roswitha ein „Grimm“-Märchen, mit anschließender symbolträchtiger Interpretation. Johannes Becker saß dabei – leb‘ wohl Johannes! –

Am Nachmittag machten wir eine wunderbare Fahrt nach Schweinfurt. Das SchäferMuseum war großartig. Wir sahen bedeutende Werke z.B. von Spitzweg, Caspar David Friedrich und anderen.

Das Wetter war die gesamte Woche wunderschön. Zwar recht kalt, dafür schien der Mond jede Nacht in mein Zimmer. Aber was kümmert uns im Heiligenhof das Wetter – …. denn Zeit haben wir ja sowieso immer nur ganz knapp.

Einen großen Dank aussprechen möchte ich wieder an das gesamte OrganisationsTeam. Denn ohne umfassende Vorbereitungen würde so eine Woche überhaupt nicht stattfinden können. Und unser großer Meister Herbert findet nach langen TagesGesangstunden auch noch Kraft, bei Wein, Weib und Gesang den Tag munter ausklingen zu lassen. Nächstes Jahr geht’s weiter!

Lea Clausen, Neuwied

Tagesbericht Donnerstag, 12. März 2015

Beim Morgenkreis – nach Johannes Beckers plötzlichem Tod im letzten Jahr, diesmal in ganz anderer Form – waren Märchen angesagt.

Roswitha brachte uns täglich – frei und gewandt erzählt – ein Märchen der Brüder Grimm nahe. (Ein Glöckchen läutete die Märchenzeit ein). An diesem Morgen war es „Die Bienenkönigin“. In diesem sogenannten „Dummlingsmärchen“ erreicht der naive Jüngste mit seiner Tierliebe, dass seine beiden Brüder einen Ameisenhaufen nicht zerstören, Enten überlebten und ein Bienenstock nicht geplündert wird. In der Folge kann er mit Hilfe der Tiere alle Prüfungen bestehen und die ersehnte Königstochter gewinnen. Die jüngste und liebste Prinzessin wird als Honigesserin von der geretteten Bienenkönigin erkannt.

Auf das Singen wurden wir von Ursel mit einfachen gymnastischen Übungen (Dehnen, Lockern, Klopfen) vorbereitet. Alle hatten ihren Spaß dabei. Herbert hatte sich diesmal als Grundlage für das Singen die Finkensteiner Liederbücher von Walther Hensel vorgenommen. Heute waren vier „Singrädlein“ (Kanons) an der Reihe. Die Texte sind aus „Des Knaben Wunderhorn“. Unter dem Titel „Des Knaben Wunderhorn“ veröffentlichten Clemens Brentano und Achim von Arnim von 1805 bis 1808 eine Sammlung von Volksliedertexten in drei Bänden. Es enthält Liebes-, Soldaten-, Wander- und Kinderlieder vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert.

Wir sangen:

„Hau dich nit, stich dich nit, brenn dich nit, Suppen ist heiß…“, dreistimmig
„Guck hinüber, guck herüber, wohl über die Straß’ hinum…“, vierstimmig,
„Trommel auf den Bauch, du hast ein’ schweren Ranzen…“, vierstimmig
„O du mein Gott, singen Engelein so fein“, vierstimmig.

Dann wendeten wir uns Herberts eigenen Liedern zu: Der „Blütenbaum“ ist für viele von uns zu einem Lieblingslied geworden. Das neue Frühlingslied auf einen Text von Joseph von Eichendorff „Frische Fahrt“ („Laue Luft kommt blau geflossen…“) scheint auch ein Hit zu werden. Auffallend ist die perlende Melodie mit vielen Achtelbewegungen. Im Satz sind die Stimmen so dicht ineinander verwoben, dass Luftholen kaum möglich ist. Die hinreißende Musik entspricht ganz dem romantischen Eichendorfftext. Das Lied lockt uns mit auf eine Fahrt, deren Ende nicht absehbar ist.

Nachmittags zeigte Helmut das Video von der Sommersingwoche 2013 am Seddiner See, das Hans-Dieter Lehmann gedreht hat. Für uns Teilnehmer an der damaligen Woche war es eine schöne Erinnerung und für die anderen eine reizvolle Einladung zu unserer diesjährigen Sommerwoche am selben Ort.

Um 15.00 Uhr trafen sich Musik-, Werk- und Handarbeitsgruppen zu ihrem speziellen Programm.

Später versammelten wir uns um Herbert zu seinem Walther-Hensel-Vortrag. Die gute ausführliche Beschreibung von Walther Hensels Leben und Wirken war erweitert um die Schilderung des ganzen Zeitgeschehens.

Den Schluss dieses Vortrags möchte ich ganz zitieren, weil er doch wegweisend für die ganze Arbeit der Walther-Hensel-Gesellschaft ist:

„Als fünf Jahre nach seinem Tode von Freunden und Mitarbeitern von Hensel die Walther-Hensel-Gesellschaft gegründet wird, gibt es noch sehr viele Zeitzeugen, die durch die Jugendmusikbewegung geprägt wurden. Im Jahre 1975 erleben 101 Teilnehmer die erste Ostersingwoche auf dem Heiligenhof in Bad Kissingen. Bei der Ostersingwoche 1979 sind es gar 160.

Eines der Hauptziele der Walther-Hensel-Gesellschaft ist die Wiederherausgabe der Liederbücher von Walther Hensel. Karl Vötterle, Inhaber des Bärenreiter-Verlags, ist dazu bereit. Er verfasst auch zahlreiche Vorworte und Artikel, aber der Verlag braucht eine Abnahmegarantie. Es zeichnen über 500 Interessenten die Subskription, und so erfolgt die Drucklegung. Diese Liederbücher sind dann jahrelang die Grundlage des Singens bei allen von mir geleiteten Singwochen. Doch machen wir uns nichts vor. Heute hat das deutschsprachige Volkslied im allgemeinen keine Akzeptanz in unserer Gesellschaft. Eine Handvoll Lieder werden vielleicht noch gekannt, vielleicht auch von Schulkindern gesungen. Man kann das zur Kenntnis nehmen und bedauern, ändern lässt sich dieses Bewusstsein auch mit noch so großen Anstrengungen nicht. Bei allen meinen Singwochen – es sind jedes Jahr 4-5 mit 40 bis 50 Teilnehmern – wird an den Abenden sehr viel frei gesungen, und da werden Wander- und Fahrtenlieder, Volkslieder und Schmankerln in bunter Abfolge zur Gitarre gesungen; meist endet so ein Abend mit einer Anzahl von Abendliedern.

Dieses unmittelbare Singerlebnis darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass diesem Singen keine Zukunft gehört. Es muss ein Singleiter da sein, ein Initiator und die Bereitschaft zum Drauflossingen. Wir sprachen früher in der Schule von „wertfreiem Singen“, also nicht in irgendeiner Weise zielgerichtet außer dem unmittelbaren Situationserleben.

Dies steht in krassem Gegensatz zu vielen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die dem Singen und Musikmachen einen hohen Stellenwert für die Erziehung junger Menschen einräumen. Aber nicht einmal die schulische Musikerziehung setzt diese fundamentalen Erkenntnisse um. Zugegeben: es gibt viele Chöre, die regelmäßig und gut geschult schwierige Chorstücke singen. Doch Volkslieder stehen da nicht auf dem Programm. Dabei gibt es eine Reihe von anspruchsvollen mehrstimmigen, z.T. auch modernen Sätzen und Bearbeitungen. Das alles hat jedoch dem deutschen Volkslied keine Überlebenschance gesichert.

Walther Hensel hat viele Lieder bearbeitet und sowohl textlich als auch von der Melodie her in eine singbare Form gebracht. Sein Erfolg ist in seiner Zeit überwältigend. Dieses Erbe in irgendeiner Weise lebendig zu erhalten und zugänglich zu machen, ist das Ziel der Walther-Hensel-Gesellschaft. Gerade im Zeitalter der Massenmedien und der zunehmenden Isolierung des Einzelnen, dem die Kommunikation nur noch mit Twitter oder Facebook wichtig ist, hat das gemeinsame Singen eine wichtige Aufgabe. In Stadien drückt das Singen ein „WirGefühl“ aus, das man in der kleinen Gruppe scheinbar nicht mehr braucht. Da gibt es nichts zu gewinnen oder anzufeuern. Das Singen um des Singens Willen, ich nannte es das „wertfreie Singen“, würde manche Lebenssituationen anders gestalten helfen – auch für uns?“

Soweit der Schluss von Herberts Vortrag.

Die Lieder im kleinen Begleitheft für diesen Vortrag verdeutlichten das Gesagte, und unser Gesang rundete die Veranstaltung ab.

Dorothea Edelmann, München

Tagesbericht Freitag, 13. März 2015

Im Volksmund heißt es, dass Freitag, der 13., ein „Unglückstag“ sei. Warum auch immer, diese These kann ich für mich überhaupt nicht nachvollziehen. In unserem Kreis wurde dieser Tag besonders genossen.

Zum Morgenkreis hörten wir das Grimms-Märchen „Die drei Federn“. Wenn man diese Märchen aufmerksam hört oder liest, wird erkennbar, dass sie auf unsere Wurzeln hinweisen möchten.

Als wir nach dem Frühstück gestärkt in den Sing-Saal kamen, ging es gleich mit Bewegungsübungen und Einsingen weiter. Bis zum Mittagessen übten wir einige Lieder aus dem Singwochenheft ziemlich intensiv. Wir sangen das Lied „Galija“ und plötzlich meinte Herbert „singt so hoch, wie ihr könnt – nein, wie es da steht“. Bei dem Lied „Der Frühling ist die schönste Zeit“ wurde uns erklärt, dass jeder Ton wichtig sei. Alles in der Musik hat einen Namen. So sind die Übungsstunden bis zum Mittagessen wie im Fluge vergangen. Es wurde uns verkündet, dass wir eine verlängerte Mittagspause haben, damit jeder die Gelegenheit hat, nach Bad Kissingen in den Kurpark oder in das Kurkonzert zu gehen. Dieses Angebot wurde freudig begrüßt und auch genutzt. Ab 16.30 Uhr wurde fleißig in den Musikgruppen musiziert. Andere haben gefilzt, gehäkelt oder gestickt. Nach dem Abendessen wurde noch einmal aus dem Singwochenheft geübt. Gleich bei dem ersten Lied „Laue Luft kommt blau geflossen“ meinte Herbert, dass hier der Bass singt und nicht die Männer. Da ist zu spüren, wie im Eifer solche Stilblüten entstehen. Der Abend klang mit Tanzen aus. Das ist immer sehr vergnüglich und ein kleiner Ausgleich zu den bewegungsarmen Zeiten während des Singens. Im Weinkeller wurde der Sack des Tages zugebunden. Nach und nach zog sich der eine oder andere mit einem Gute-Nacht-Gruß zurück. Jeder hat sich an diesem schönen Tag gefreut und ist dankbar dafür.

Nachdem ich den Freitag beschrieben habe, möchte ich meinen herzlichen Dank an alle Initiatoren und Organisatoren aussprechen. Ich weiß, dass solche Wochen in der Vorbereitung sehr viel Arbeit machen. In diesem Kreis habe ich mich wieder sehr wohl und aufgehoben gefühlt. Es ist erstaunlich, wie lange so eine Woche noch nachklingt, nachdem man in den allgemeinen Alltag wieder eingetaucht ist. In dieser Woche habe ich ein Platzdeckchen mit einer Häkelspitze versehen, was ich täglich benutze. So werde ich täglich an die Gespräche mit denen erinnert, die mit in der Runde gesessen haben. Das möchte ich nicht missen. Herzlichen Dank dafür.

Waldtraut Roßberg, Radebeul

Tagesbericht Samstag, 14. März 2015,

letzter Tag vor der Abreise Morgenkreis: Kurzes Grimm-Märchen mit Roswitha. Herbert ermuntert, den letzten Tag zu genießen; wir singen ein Morgenlied.

9.15 Uhr: Ursula führt uns voller Wärme und Charme mit gymnastischen Übungen zu Herbert, der uns einsingt und mit uns weitersingt, z.B.„Kuckuck, du weiser Vogel“ u.v.a.m. 11.00 Uhr: Handarbeiten, Ausstellungsaufbau, Musizieren (Proben),
12.00 Uhr: Essen; vor Beginn ein letztes Mal „Aller Augen warten auf dich“ von H. Schütz.
13.30 Uhr Ausstellungseröffnung. Bereits festlich gekleidet bewundern die Teilnehmer die Kunstwerke, aus verschiedenen Materialien von den Bastlerinnen phantasievoll geschaffen.
14.30 Uhr: gemeinsamer Kaffee, gestiftet vom Haus für 40 Jahre Singwochen auf dem Heiligenhof. Bereits vor Tagen hat Jost, unser Moderator, damit begonnen, die vorgesehenen verbalen und musikalischen Beiträge einzufordern, zu sammeln und aufzulisten, es sind insgesamt 24! Erster Teil: das Abschluss-Musizieren Die „Stubenmusik“ unter Gudrun Preisenhammers Leitung führt sechs Volksmusikstücke auf; sie hat diese vorher mit ihren Musikanten geprobt (ein Hackbrett – in Personalunion, eine Leier, ein Scheitholz, drei Gitarren, ein MiniKeyboard). Die „Flötenmusik“ spielt mit Ulrike Greipel, Karl und Hildegard barocke Trios.
18.00 Uhr Abendessen; Herbert dankt dem Chef des Hauses für die KaffeeStiftung.

Zweiter Teil: der Bunte Abend.
Nach der gesungenen Polonaise sitzen wir im großen Kreis. Unser Moderator Jost ist der Ansager der vielen Beiträge. Herbert erhält als kleines Dankeschön von den „Handarbeiterinnen“ ein Windlicht mit kunstvoller Filz-Verzierung, welche auf die „40“ Jahre Heiligenhof hinweist.

Die ganze Bandbreite wird geboten: Wortbeiträge aus Geschichte und Kunst, musikalische Beiträge und Gedichte. Zwei Tanzrunden sorgen für Bewegung, eine Kleinbühnen-Aufführung mit verteilten Rollen und großem Leintuch (Frauen) war erheiternd. Auch Roswitha, unsere Erzählerin bezaubernder Märchen, verschafft sich einen humoristischen Abgang mit der Aufforderung von uns „Halt‘s Maul!“ Persönliche Anmerkungen des erstmals an der Singwoche teilnehmenden Berichterstatters: Besonders gefallen hat mir die singvorbereitende Gymnastik von Ursula, welche dann immer nahtlos in das Einsingen von Herbert übergeht, wobei am Ende dieses Wirkens plötzlich ein Kanon steht. (Herbert habe ich bereits vor Jahren – für ein Singen in München – schriftlich gelobt; ich könnte mich nur wiederholen).

Die gemeinschaftsstiftenden Rituale, wie z.B. das Singen vor und nach den Mahlzeiten, bei dem sich die Teilnehmer an den Händen fassen, das zwanglose „Du“ und der gute Umgangston miteinander waren für mich eine schöne, neue Erfahrung. Dorothea und Hartmut hatten mir die Teilnahme bereits mehrfach empfohlen – sie haben nicht übertrieben. Wieder dabei sein zu dürfen, sehe ich als Geschenk.

Herzlichen Dank sagt euch allen

Alois Rauch aus München