Wintersingwoche vom 28. Dezember 2014 bis 04. Januar 2015

Walther-Hensel-Gesellschaft

und Arbeitsgemeinschaft der Sing-, Tanz- und Spielkreise

in Baden-Württemberg

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dieser Wintersingwoche, liebe Leserinnen und Leser!

Dieses vorliegende Berichtsheft zeigt in umfassender Weise auf was die beiden VeranstalterOrganisationen unter Singwoche verstehen. Es ist das Zusammenwirken der verschiedenen Generationen beim Singen, Musizieren, Tanzen, Basteln und Werken, Mitmachen und Zuhören. Die vielen persönlichen Begegnungen, Gespräche, Mahlzeiten, die spontanen Singrunden an den Abenden mit wechselnder Instrumentalbegleitung, das Trennende in den verschiedenen Alters- und Musiziergruppen und das Gemeinsame beim Morgen- und Abendsingen, all dies gehört zur Singwoche und rundet dieses Erlebnis zu einem Ganzen ab. Besondere Höhepunkte, wie das Singen und Musizieren im Seniorenheim St Raphael, das überquellende Silvesterbüfett, die Silvestertafel und der mitternächtliche Gang zur kerzengeschmückten Tanne, der Bunte Abend, die gemeinsame Kaffeerunde, das Abschlussmusizieren sowie das Tanzfest am letzten Abend geben den einzelnen Singwochentagen einen besonderen Glanz, den die farbenfrohen Trachten noch unterstreichen.

Langjährige Teilnehmer freuen sich immer aufs Neue auf bekannte Gesichter, Neulinge fühlen sieh rasch aufgenommen und integriert in den vielfältigen Ablauf der Singwoche. Die Referenten und Mitarbeiter bereiten sich sorgfältig und gewissenhaft auf ihre Tätigkeit vor, wobei die Beschäftigung mit dem Kulturgut aus den Verteibungsgebieten, das Aufarbeiten, die Weitergabe und das Einbinden in die gesamtdeutsche Volkskultur besonderen Vorrang haben. In den verschiedenen Beiträgen in diesem Berichtsheft spiegeln sich die Freude an der Tätigkeit und der Mut zur Kreativität wider.

Dem Innenministerium Baden-Württemberg sagen wir Dank für die freundliche finanzielle Unterstützung und allen Teilnehmern, Mitarbeitern und Referenten für den fröhlichen, ungezwungenen Umgang bei dieser 5. Singwoche in der Jugendherberge TitiseeNeustadt/Rudenberg.

Herbert Preisenhammer und Reinhold Frank
als gemeinsame Leiter Stuttgart, im Februar 2015

Anmerkung: Die Singwochenteilnehmer wurden, abgesehen von den Kindern, beim Singen und Tanzen in zwei große Altersgruppen eingeteilt. Die bis 50jährigen waren die Springmäuse, die über 50jährigen die Eulen. In den Musiziergruppen sowie beim Werken wurde altersübergreifend gearbeitet.

Der Anreisetag 28. Dezember 2014

Das war für viele doch kein gelungener Tag und mehr ein „Anstotterweg“. Glücklicherweise ist aber niemandem etwas passiert, nur schade für die, die erst um 23.30h angekommen sind. So war die Vorstellungsrunde entsprechend klein und unvollständig und wurde in den folgenden zwei Tagen dann vervollständigt bzw. nachgeholt.

Auf alle Fälle waren alle Teilnehmer motiviert und erwartungsfroh, denn es kam doch eine stattliche Teilnehmerzahl zusammen. Erfreulich war die Zahl der Jugendlichen Springmäuse und eine nette Gruppe von Kindern. Natürlich waren auch die Eulen gut vertreten. Alle waren dann gespannt, wann es am nächsten Tag losgeht und wie es in den einzelnen Gruppen funktioniert.

Für den ersten Abend gab es noch eine nette Singrunde, denn Hebbe hatte ja wieder ein schönes Singwochenheft vorbereitet. Der erste Abend klang dann mit einem „guten Schlückle“ für „a guats Nächtle“ fröhlich aus. Wir konnten getrost ins Bett gehen, denn alles war gut vorbereitet und eingeteilt. Hebbe, Petra und Reinhold hatten sozusagen alles im Griff

Ursula Brenner, Heilbronn

Tagesbericht über den Neujahrstag 2015

Der Beginn des neuen (Kalender-) Jahres war unser lang erwarteter – heiß ersehnter – von Fackeln begleiteter – Gang zur lichtergeschmückten Tanne im Wald, der Höhepunkt unserer Wintersingwoche. Schnee knirschte unter unseren Füßen, und der zunehmende Mond leuchtete uns. Es hätte nicht schöner sein können!
Mit Gedichten von

Johann Peter Hebel „Aufgewacht in deiner Halle“,
Friedrich Rückert „Nun ist das Licht im Steigen“,
Hans Bahrs „Es wächst das Jahr durch dich und mich“ (vorgetragen von Dario Albrecht, Markus Herzig und Reinhold Frank)

und Liedern

„Gott hat alles recht gemacht“ (Südtirol)
„Tal und Hügel sind verschneit“ (H. Napiersky /H. Preisenhammer*)
„Wie die hohen Sterne kreisen“ (Werner Gneist*)
„Ein Jahr muss nun vergehen“ (H. Baumann /J.F. Doppelbauer)
Choral „Nun danket alle Gott“ (Martin Rinckart / Johann Crüger),

von unseren Bläsern Uwe und Friedrich Klump auf Flügelhorn und Cornett begleitet wurde das Neue Jahr begrüßt. Persönliche Glück- und Segenswünsche wurden ausgetauscht mit vielen Umarmungen.

Nach der Rückkehr in die Herberge am Rudenberg wurde den Herbergseltern und den Daheimgebliebenen mit Neujahrsliedern, wie z.B. „Guten Morgen, guten Morgen in diesem Haus“, „Wir kommen daher heute morgen so früh“ und „Das alte ist vergangen, das neue angefangen …“, ein gutes Neues Jahr gewünscht.

Manche feierten dann noch im Saal weiter, bis zum Webertanz aufgefordert wurde. Nach kurzer Nachtruhe bot das reichliche Silvester-/Neujahrs-Buffet lange Gelegenheit zu schmausen. Gegen Mittag (ca. 11 Uhr) fand sich eine kleine – aber feine – Gruppe unter Herbert Preisenhammer zur „Wunschmusik“ (Lieder aus dem AG-Liderbuch) zusammen. Von „Psalite“ bis „Das neue Jahr ist kommen“ (aus der Gottschee) wurden viele Wünsche erfüllt, u.a. auch manches weniger Bekannte, wie z.B. „Meine Herzenskrippe“, von Herbert nach einem Text von Charlotte Dreithaler vertont.

Beim Nachmittagskaffee tauchte zu unserer Freude Helga Alscher aus Starnberg auf um mit uns und ihrer Tochter Karen Schindler, Schwiegersohn Peter und den Enkeln Matthias und Veronika deren erste Wintersingwoche und das neue Jahr zu feiern (und am 3.1. Matthias 19. Geburtstag!).

Das gemeinsame Nachmittags-Singen im großen Chor stand ganz im Zeichen des bevorstehenden Auftritts im Seniorenzentrum St. Raphael am 02.01. Mit Elke Stauber-Micko übten wir Mendelssohn-Bartholdys 8-stimmige Motette „Jauchzet dem Herrn, alle Welt“ (Psalm 100). Den Mittelteil sangen die „Springmäuse“ und die „Eulen“ durften bei den Randteilen mitwirken.

Unter Herbert Preisenhammers Leitung kamen die 4stimmigen Sätze „Lasst fröhlich nun uns singen“ und „Auf das neue Jahr“ („Helft mir Gott’s Güte preisen“) von Adam Gumpelzhaimer und einige Neujahrslieder zur Aufführung. Im Abendprogramm gab es wieder das beliebte Tanzen Für alle, das Ursel Brenner und Johannes Frank abwechslungsreich gestalteten. Großen Dank an alle, die diesen Jahreswechsel so wunderbar organisatorisch und künstlerisch gestalteten. Frau Holle sorgte für eine zauberhafte weiße Winterlandschaft.

Wie schön, wie schön ist unser Wald,
dort Nebel überall,
hier eine weiße Lichtgestalt
im vollen Sonnenstrahl,
Lichthell, still, edel, rein und frei
und über alles fein!
Oh, aller Menschen Seele sei
so lichthell und so rein!
(Matthias Claudius, 15.08.1740-21.01.1815)

Dorothea Edelmann, München

Tagesbericht vom 2. Januar 2015

Früher haben wir schon manchmal an anderen Singwochen der Walther-Hensel-Gesellschaft teilgenommen, nun wollten wir auch die Wintersingwoche in der Jugendherberge Rudenberg im Schwarzwald ausprobieren. Hier der Tagesbericht für den 2. Januar:

Nach dem Ritardando des Neujahrstages nimmt die Singwoche noch einmal richtig Fahrt auf. Immerhin ist schon Freitag, also der vorletzte Tag vor der Abreise. Aber jetzt ist zum Glück keine Zeit, an Abschied zu denken. Wir Neulinge haben uns doch gerade erst an die vielen unbekannten Gesichter und die lang erprobte Singwochenroutine gewöhnt. Und nun schon der Endspurt!

Zum Morgenkreis gibt es neben einer Folge Hotzenplotz und der Würdigung eines Prominenten (heute die nicht ganz jugendfreien Liebesbriefe und -gedichte von Goethe und seiner Liebsten Christiane Vulpius) eine beeindruckende Musikdarbietung. Elisabeth Januschko trägt auf der Gitarre zwei Stücke vor, die sie für den „Jugend musiziert“

Wettbewerb vorbereitet:
– Von John Dowland (1563-1626) eine Allemande mit dem Titel „Sir John Smith, his Almain“, ursprünglich für Laute geschrieben,
– Von Andrew York (geb. 1958) ein Stück aus den ‚.Eight Dreamscapes“, Titel: „Skeleton“ (1994).

Auch anspruchsvolle alte und zeitgenössische Musik hat also ihren Platz auf dieser wunderbar vielfältigen Sing- und Musikwoche, Am Vormittag finden einige letzte Proben statt, so für den Auftritt im Altenheim am Nachmittag und für das Tanzfest am Abschlussabend. Oh je, Tanzen, auch so ein Thema! Ungeübt wie wir sind, kommen wir Schindlers immer wieder an unsere Grenzen. Vielen Dank an all unsere geduldigen Tanzpartner! Vor allem Matthias braucht als absoluter Anfänger gute Nerven. Aber er hält tapfer durch. Zum Glück hat Vater Peter als Ingenieur ein gutes räumliches Gedächtnis, so dass wir uns zwar bei Walzer und Polka immer wieder in die Haare kriegen, aber wenigstens einer bei den Figuren weiß, wann es nach rechts, links, vorne, hinten geht. So klappt der „Große Achter“ schon ganz gut, aber bei „Karen Ann“ sind wir trotz des vielversprechenden Namens nicht böse, als wir bei den sechs benötigten Paaren nicht dabei sind. Familienintern heißt dieser Tanz nämlich nur der „Schneller, schneller“, weil ich grundsätzlich meinen Einsatz verschlafe. Und als zuletzt der „Walzer für Christine“ getanzt wird, steigen wir endgültig aus und beschränken uns aufs Zuschauen bei den wunderschönen Figuren und komplizierten Schritten.

Am Nachmittag ist pünktlich um 15. l5 Uhr Abfahrt zum Seniorenzentrum St. Raphael unten in Neustadt, wo wir herzlichst willkommen geheißen werden. Alle tragen Tracht (soweit vorhanden… Ich muss mir unbedingt wieder zumindest ein ordentliches Dirndl zulegen!). Herbert hat ein gemischtes Programm zusammengestellt: Es gibt Weihnachts- und Neujahrslieder, einige davon zum Mitsingen für alle, zwei sogar mit Dudelsackbegleitung. Das klingt zunächst ungewohnt, obwohl der Dudelsack sogar in den Texten traditioneller Weihnachtslieder wie dem „Heißa Buama“ aus dem Salzburger Land eine wichtige Rolle spielt. Danke noch mal an Heinz, der sich dieses ungewöhnlichen Instrumentes annimmt! Den Höhepunkt für uns Sänger bildet die Vertonung des Psalms 100 „Jauchzet dem Herrn alle Welt“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Ein Abschnitt daraus ist sogar achtstimmig. Gut, dass Elke diese Stelle – und nicht nur diese – bei den Proben mit uns regelrecht „geochst“ hat (Zitat Elke).

Nach dem Abendessen geht es weiter mit dem Bunten Abend. Hier steht ausnahmsweise nicht allein die Musik im Mittelpunkt, obwohl es auch viele musikalische Darbietungen gibt, wie den Lichtertanz der Kindergruppe, den Auftritt von Wolfgangs Trompeten-Gitarren-Band (für die Gitarristin, unsere Tochter Vroni, natürlich der wichtigste Programmpunkt), den wunderschön romantischen 50er-Jahre-Song „Goodnight, sweetheart“ oder rasante Akkordeon-Musik Sehr lustig sind der Sketch „Beim Onkel Doktor“, dargestellt von den Frank-Brüdern, oder die gereimte Geschichte vom Sauerkraut, das an Heiligabend mittels reichlich Chemie zu Lametta umfunktioniert und an Silvester wieder zurück in Sauerkraut verwandelt und verspeist wird. Und weil draußen über einen halben Meter Schnee liegt, können wir auch die irrwitzige Geschichte „30 Tage bis zum Nervenzusammenbruch“ gut nachvollziehen: Zunächst freut sich der neu Zugezogene noch über jede Schneeflocke, aber die wachsende Schneemenge und der fleißige Schneepflugfahrer belehren ihn bald eines Schlechteren. Absoluter Höhepunkt ist die Neuinterpretation ‚Der etwas andere Hotzenplotz“. Bei diesem Theaterstück erfahren die meisten Darsteller erst in letzter Minute von ihrer Beteiligung und spielen umso bravouröser ihre Rolle, die Ihnen auf den Leib geschrieben wurde. Unvergesslich komisch Siegfried und Ingrid als Großmutter nebst Kaffeemühle, Dagmar als Dackel Wastl in Krokodilgestalt und natürlich der Baum Dorothee, der leider nur stumm dekorativ sein darf.

Danach wie jeden Abend geselliges Beisammensein für alle, die noch immer nicht genug hatten – oder die wie unser Sohn Matthias noch etwas vorhaben: Der wird nämlich am 3. Januar 19 Jahre alt und wartet ungeduldig auf Mitternacht, wo es Sekt und ein Geburtstagsständchen geben soll. Aber das gehört eigentlich schon in den Bericht für den nächsten Tag. Und endlich plumpsen wir erschöpft ins Bett. Das war definitiv der ereignisreichste Tag seit langem. Wir wissen jetzt schon, wie sehr wir uns zu Hause wieder langweilen werden, weil wir den Betrieb und all die neuen Bekannten vermissen!

Karen Schindler, München