Ostersingwoche 2005
Rückblickend möchte ich von der Ostersingwoche 2005 erzählen.
Sehr erfreut war ich, dass ich als Gitarrenreferent in der letzten Einladung erwähnt wurde, obwohl ich bei der Woche auch andere Instrumente spielen konnte. Wichtig war mir das hauseigene elektrische Klavier mit seinen zwei Registern und eine Geige, die ich mitgebracht hatte.
Die Singwoche brachte uns wieder viel schöne Musik, begeisterungsfähige Sängerinnen und Sänger und gute Instrumentalisten: Vier Gitarren, zwei Hackbretter, ein Scheitholz, eine ganze Reihe von Blockflöten, eine Geige und das Elektroklavier.
Was hatte sich auf dem Heiligenhof geändert? Den Leiter Steffen Hörtler kannten wir schon vom Vorjahr, vertreten von Traudl Kukuk, unserer gewohnten Bezugsperson. In allen Fluren war neuer Wandschmuck angebracht in Form von Bildern aus dem Deutschen Osten. Rötelzeichnungen mit Illustrationen des Buches Hochwald von Adalbert Stifter hingen im Speisesaal. Herbert Preisenhammer, unser unermüdlicher Chorleiter, hatte ein Ostersingwochenheft erstellt, in dem Chorsätze von ihm selbst, Walther Hensel, Cesar Bresgen sowie anderen Komponisten standen, auf der letzten Seite verschiedene Jodler. Es fehlten nicht Vertonungen nach Gedichten von Eichendorff sowie kleine Kanons. Mehrere Chöre besangen hymnisch den Frühling, geradezu Programmmusik bei den Worten „Horch, von fern ein leiser Harfenton – Frühling, ja, du bist’s, dich hab ich vernommen!“
Geweckt wurde mit Morgenliedern, gesungen von Silke Arras und Dorothee Edelmann, mit Gitarre- oder Geigenbegleitung von mir.
An drei Tagen hatte es Silke Arras übernommen, Lockerungsübungen, Gymnastik und Vorbereitungsübungen fürs Singen durchzuführen und auch auf gute Sitzhaltung zu achten. Sie brachte uns glänzend in Form mit Kopf-, Schulter- und Hüftkreisen, Selbstmassage der Gesichtsmuskeln usw.
Nun zu den Musiziergruppen.
Stubenmusik: Gudrun Preisenhammer besorgte die Noten. Mit ihr spielten zwei Hackbretter, zwei Gitarren und ein Scheitholz.
Blockflöten: Ulrike Greipel hatte ein geschmackvolles Notenheft angefertigt und ließ die acht Blockflöten schöne Stücke musizieren.
Querflöte spielten im Duett Ade Bürgel und Gudrun Preisenhammer.
Zu den Ostersingwochenteilnehmern gesellte sich Uta Messerschmidt aus München, eine versierte Blockflötenspielerin, die mit Helmut Janku und mir ein Trio bildete. Wir spielten anspruchsvolle Kammermusik: zwei Telemannsona-ten, die ich auf dem elektrischen Klavier mit den Registern Piano und Harpsichord begleitete. Mit Uta zusammen spielte ich auch ein etwas modernes Stück: eine Sonate für Altblockflöten und Klavier von Gunsenheimer.
Morgenkreise: Johannes Becker bot uns täglich besinnliche Gedanken zur Lebenshilfe mit philosophischen Fragen, z.B. was ist Freude? Was ist Glück? Er gab täglich neue Denkanstöße.
Geburtstage: Renate Janku und Gerda Giehler hatten am Donnerstag Geburtstag. Sie luden uns um drei Uhr zu einem Geburtstagskaffe mit leckeren Kuchen ein und durften sich dafür jeweils fünf (Lieblings-)Lieder wünschen, die wir alle sangen.
Volkstanz: Ursula Brenner leitete täglich das beliebte Tanzen, bei dem etwa dreiviertel der Teilnehmer mitmachen konnten. Viele kannten von früheren Singwochen z.B. die Holsteiner Dreitour, den Kleinen Figaro, das Tampet sowie das Mineth. Die Abende klangen meist mit dem Roien aus, zu dem wir ein Gutenachtlied sangen.
Vogelkundliche Wanderung: Helmut Janku hatte mit einer kleineren Schar von Interessenten eine Vogelwanderung durchgeführt und erklärt, welcher Vogelruf wohl zu welchem Singvogel zuzuordnen sei. Dann blätterte er in seinem Fachbuch und zeigte den Mitwandernden eine entsprechende Abbildung des gehörten Vogels. Es wurde uns empfohlen, schweigend zu gehen, um nur den Naturgeräuschen zu lauschen. Folgende Vögel waren zu hören: Goldammer, Kohlmeise, Buntspecht, Grünling, Gelbspötter, leise von fern ein Kuckuck, schmetternde Buchfinken waren unüberhörbar.
Ausflugstag: Am Mittwoch fuhren wir im Bus, der von Ade bestellt worden war, nach Bad Bocklet. Dies ist ein Minibadeort, über den im Reiseführer folgende Information steht: 230 m hoch gelegen, 3600 Einwohner, seit 250 Jahren bayerisches Staatsbad mit der stärksten Stahlquelle Deutschlands. Der Ort hat Ruhe und Behäbigkeit der Vergangenheit zu bewahren gewusst. Die Heilanzeigen umfassen Herz- und Gefäßkrankheiten, Blutarmut, Rheuma, Ischias, nervöse Erschöpfung und Frauenleiden. Die 1724 vom Aschacher Pfarrer entdeckte Quelle wurde 1725 vom Barockbaumeister Balthasar Neumann gefasst.
Sehenswert ist der Brunnenbau und das Fürstenhaus, das Haus des Kurgastes und der Kurpark. Aschach gehört zu Bad Bocklet, heute gehört sein Schloss dem Bezirk Unterfranken.
Wir erlebten eine interessante Führung durch die Gemächer des Schlosses Aschach und bestaunten die kunstvollen Schränke, die Zimmer mit Inventar des 19. Jahrhunderts, Vitrinen und Truhen mit Nippes und Kleiderpuppen, ein Kinderzimmer, Porzellan, das zeitweilig im Schloss hergestellt worden war, wertvolle Bilder, darunter eines von Lucas Cranach, Porträts von Bismarck und schönen Damen und überall Schilder „Nichts berühren“. In mehreren Stockwerken waren Salons mit bemerkenswert schönen Tapeten zu sehen sowie eine gedeckte Tafel.
Dann lauschten wir im Haus des Kurgastes dem Kurorchester mit Klavier, Oboe, Geige und Bass, das überwiegend Salonmusik, etwa Operettenpotpourris, spielte. Wir kosteten das Heilwasser und stärkten uns an Erdbeertorte und einem Kännchen Kaffee, auch spazierten wir durch die Kurparkanlagen.
Das Schulmuseum zeigte Schulstuben und Anschauungsmaterialsammlungen früherer Zeit. In einem Klassenraum lagen Schiefertafeln mit Griffeln, darauf schrieb ich in Sütterlin-Schrift „Gruß aus Koblenz“. Auch ein Volkskundemu-seum, das einige besuchten, war sehenswert.
Filmbeiträge: Jost Köhler hatte organisiert, dass wir an zwei aufeinanderfolgenden Abenden zwei zusammengehörende Dokumentarfilme des
ZDF über das Schicksal der Sudetendeutschen auf Großleinwand sehen konnten. In den letzten 500 Jahren hatten Böhmen und Mähren, die Tschechoslowakei und schließlich die Tschechische Republik und die Slowakei eine wechselvolle Geschichte, die kulturelle Leistungen vieler Völker beinhaltete. Eine Folge des zweiten Weltkriegs war die Vertreibung der Deutschen Bevölkerung. Angesprochen wurden auch die sogenannten Benesch-Dekrete und das Festhalten der tschechischen Politiker an diesen Unrechtsdekreten. Es war zu hören, dass viele junge Tschechen nicht mehr so radikal denken und eher zur Versöhnung bereit seien. Historiker und Prominente kamen zu Wort.
Samstag: Am Vorabend war eine über hundertköpfige Jugendgruppe angekommen, die nun den großen Singraum belegte. Gesungen und getanzt wurde fortan im Speisesaal.
Basteln: Im Bastelzimmer konnten Renate Becker und Hanne Preisenhammer die Ergebnisse des Werkens und der Handarbeiten präsentieren. Auf mehreren Tischen erblickten wir farbenfrohe Seidenmalerei und Papierblumen sowie aparte Karten mit Notenschlüsseln und anderen Motiven. Wir hatten das Elektroklavier ins Bastelzimmer transportiert und so konnte als „Vernissagemusik“ die Triosonate von Telemann sowie die Blockflötensonate von Gunsenheimer mit Uta Messerschmidt und Helmut Janku (Blockflöten) und mir am Klavier erklingen. Mit Renate Janku (Violine) spielte ich auch noch ein Duo von Doflein.
Abschlussabend: Viele Teilnehmer haben Programmpunkte beigesteuert. Uta (Blockflöte) und ich (Gitarre) spielten Folklorestücke. Werner Klosse sang Lieder vom Balkan und aus Südamerika mit Gitarrenbegleitung. Almut Hinghofer trug ein Wiener Gedicht vor, Fritjof Hecker Gedichte in sächsischem Dialekt. Eine Theatergruppe spielte das Märchen Aschenputtel unter Ursels Regie. Sie hatte am Anfang eine Polonaise organisiert mit gesungenen Volksliedern. Barbara beschenkte die Referenten mit selbst hergestellten und ausgestopften Schwänen und Schildkröten, Dorothea Edelmann trug ein Gedicht von Schiller vor. Nach einer Tanzrunde bedankte sich Uta in einer kurzen Ansprache für die schöne Singwoche. Das Bauernmenuett (Mineth) wurde getanzt, Herbert verteilte „Orden“ (ausgesägte Ostermotive aus Holz), dann gab es ein Foto der Referenten und Mitarbeiter. Vor dem Mittagessen wurde bereits ein Foto aller Teilnehmer auf der Treppe vor dem Haus gemacht.
Bis spät in die Nacht saßen noch einige, darunter auch Traudl Kukuk und Herbert Preisenhammer (mit Gitarre), im Weinkeller bei Liedern und Schmalzbrot beisammen.
Der letzte Morgenkreis vereinte nochmals alle Teilnehmer. Wir hörten einen „Steyrischen Ländler“ von Hänsel, gespielt von Renate Janku (Violine), Gudrun Preisenhammer (Querflöte) und Herbert Preisenhammer (Gitarre) und man sang passend: Mich brennt’s in meinen Reiseschuhn. Ade Bürgel hatte den Taxidienst organisiert und bis elf Uhr verließen fast alle das gastliche Haus, wo wir in der Woche sehr gut verpflegt worden sind.
Benno Klören, Neuwied
Ein Neuling erzählt:
In diesem Jahr nahm ich zum ersten Mal an der Ostersingwoche der Walther-Hensel-Gesellschaft in Bad Kissingen teil. Schon lange hatte ich es mir gewünscht, dorthin zu fahren und nun hat es geklappt. Ich war sehr überrascht, dass so viel geboten wurde. Das Singen mit Herbert Preisenhammer war herzerfrischend, der Chorklang beschwingt und fröhlich. Ich freute mich, Näheres über Walther Hensel zu erfahren und zu lesen. Sehr gut und informativ war der Vortrag von Wolfgang Martin über die Gottscheer Volkslieder, über Land und Leute der Gottschee, die deutsche Sprachinsel. Ich hatte noch nie etwas davon gehört. Sehr dankbar bin ich, dass ich über das wahre Schicksal der Sudetendeutschen durch Video und private Gespräche erfuhr.
Adalbert Stifter ist mir bekannt. Ich habe schon viel von ihm gelesen, doch der Vortrag von Jost Köhler rundete mein vorhandenes Wissen ab.
Ich kam zur Singwoche und hatte einfach so meine Blockflöte im Gepäck. Ich wollte zwanglos mitüben, um somit mit dem Flöten wieder in Gang zu kommen, da ich aus dienstlichen und familiären Gründen seit 30 Jahren nicht mehr gespielt hatte. Doch Ulrike Greipel, unsere Flötenlehrerin, wollte von dem Gelegentlichen nichts hören. Mit der Energie einer Lehrerin bestand sie darauf, dass ich alles mitspielte. Somit habe ich nun die Scheu überwunden und werde weiter flöten.
Der Tag wurde wunderbar mit guten Worten von Johannes Becker eingeleitet. Seine Worte wurden musikalisch und gesanglich umrahmt. Am Tage konnte man nach dem gemeinsamen Singen basteln und handarbeiten.
Mit dem Volkstanz mit Ursula Brenner wurde der Tag offiziell beendet. Der Volkstanz brachte uns noch einmal richtig in Schwung.
Im Weinkeller kamen dann noch einmal Gesang und persönliche Gespräche in Gang und rundeten den Tag ab.
Dankbar blicke ich auf diese Zeit zurück. In mir ist ein Stück Kindheit lebendig geworden, sind wir doch mit Walther-Hensel-Liedern aufgewachsen, die unser Leben schon in den Wurzeln prägten. Unsere Eltern stammten aus der Jugendbewegung und kannten Walther Hensel persönlich.
Ich bedanke mich bei allen, die diese Woche leiteten. Mit Sicherheit werde ich wiederkommen
Almuth Hecker, Leipzig
Eine Wienerin berichtet:
Wir haben einander Ostern 2005 am Heiligenhof in Bad Kissingen zur Singwoche getroffen und es war rund herum eine sehr harmonische Zeit.
Singen mit Herbert war uns die Woche über eine große Freude vom frühen Morgen bis zur späten Nacht.
Das Morgenkreis-Singen mit Johannes führte uns mit seinen Gedanken und Lesungen zur Osterzeit mit feinem Gespür in den Tag ein. Jeden Morgen spielte eine Musikgruppe, ob Flöten, Gitarren, Hackbretter, Klavier und Streich- und Schlaginstrumente innig ihre Stücke. Bei dem Geburtstagsständchen für Gerda und Renate haben wir schöne Musik gehört und waren zum Geburtstagskaffee eingeladen.
Renate Becker hat uns mit Krokussen aus Papier und Seidenmalerei ins Reich der Phantasie eingeführt; wir waren zu zehnt in der Gruppe.
Wissenswertes erfuhren wir mit Dias von Dr. Helmut Janku über die Gottschee und Interessantes erzählte uns Wolfgang Martin über diese einst deutsch besiedelte Sprachinsel. Er blieb eineinhalb Tage bei uns und sang auch mit uns Lieder in der Gottscheer Mundart.
In der letzten Singstunde des Tages sangen wir aus dem Finkensteiner Liederbuch mit Herbert.
Leichtfüßig beschlossen wir jeden Tag mit Ursels ausgewählten Tänzen, die alle von Form und Melodie sehr hübsch waren.
Bad Bocklet war Wander- und Fahrtziel. Vorher besichtigten wir das Schloss Aschau aus dem 12. Jahrhundert. Im Schulmuseum waren in einem Klassenzimmer vier Sitzreihen, jede Reihe ein Jahrgang.
Das Wissen über Böhmen und Mähren wurde geschichtlich und politisch durch zwei Videofilme intensiviert.
So erfrischend wie alle Tage dieser schönen Woche war für mich der „Bunte Abend“ – einfach unvergesslich!
Ich bedanke mich bei allen für alle Augenblicke und Gespräche.
Almut Hinghofer, Wien