Sommersingwoche vom 21. bis 30 August 2015

Sommersingwoche vom 21. bis 30. August 2015 am Seddiner See bei Potsdam

Liebe Teilnehmer der Sommersingwoche, liebe Leserinnen und Leser!

Für alle, die an dieser Singwoche am Seddiner See teilgenommen haben, war sie wohl eine ganz besondere. Die von der WHG durchgeführten Sommersingwochen (SSW) finden ja immer in einem anderen Kulturraum statt. Sie sind, das kann man mit Recht sagen, Glanzpunkte in unserem „Vereinsleben“. Da gab es 1969 eine SSW in Eschenbach/Opf. an einem Moorsee, eine 1974 in Hohenstaufen, 1977 in Losenstein in OÖ., und so könnte die Liste fortgesetzt werden über Bad Alexandersbad/Fichtelgebirge, Kals am Großglockner bis nach Mährisch Trübau, dem Geburtsort Walther Hensels, Olmütz, Brünn, Breslau, Lubowitz, Siebenbürgen, der Zips, der Gottschee und Budapest – nicht zu sprechen die vielen Oster- und Wintersingwochen! So lässt sich die eben vergangene SSW am Seddiner See südlich von Potsdam in diese Reihe mühelos einordnen, eben auch wieder als ein ganz besonderes Erlebnis. Es passte auch alles hervorragend zusammen: das sonnige Sommerwetter, die großzügige Anlage der Heimvolkshochschule direkt am Seddiner See, die Referenten und Teilnehmer, die Lieder, Tänze, Musikstücke und Lesungen und die Ausflüge sowie die Fahrten unter kundiger Leitung. Nachdem 2013 die erste SSW am Seddiner See stattgefunden hatte, war die diesjährige genau so vielfältig und erlebnisreich. Besonders die Busfahrt in die Stadt und ins Land Brandenburg war ein bleibendes Erlebnis. Das war jetzt viel Aufzählung, aber nahezu 50 Jahre Singwochengeschichte der WHG darf in aller Bescheidenheit auch einmal hervorgehoben werden. Viele Referenten und Mitarbeiter sind nötig, um die Vorstellungen umzusetzen. In diesem Heft wird versucht, die Erlebnisse zu schildern und darüber zu berichten, wie eine solche Woche in einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten abläuft. Den Referenten,, besonders Angelika, Ursel und Jost sowie allen Telnehmern sei dafür herzlich gedankt.

Mit der Bitte, für die Veranstaltungen der WHG zu werben, grüßt euch herzlich

Stuttgart, im November 2015

 

 

 

 

Berichte

Anreisetag, 21. August 2015

Die Sommersingwoche der WHG fand zum 2. Mal am Seddiner See in der HVHS statt. 2013 hatte es den Teilnehmern so gut gefallen, dass viele nochmal hier singen und tanzen wollten.

Wir kamen aus den unterschiedlichsten Landesteilen unserer Bundesrepublik Deutschland, aus Österreich und aus der Schweiz mit verschiedensten Transportmitteln angereist. Der Blick auf den sommerlichen See hat uns wieder fröhlich gestimmt und die Strapazen der Reise schnell vergessen lassen. Wir wurden herzlichst von Jost Köhler begrüßt und direkt mit unserem Zimmerschlüssel versorgt. Schnell waren dann alle Koffer in die Zimmer verstaut. Pünktlich um 18 Uhr konnten wir natürlich mit dem Lied „Aller Augen warten auf dich, Herre“ und der allgemeinen Begrüßung von Herbert mit dem guten und vielseitigen Buffet beginnen. Um 19:30 Uhr sollte unser erstes Singen in dem uns von 2013 wohlbekannten Saal stattfinden. Herbert musste sich aber 10 Minuten gedulden, bis er endlich anfangen konnte, „das Schwätzen“ hörte einfach nicht auf. Von Alscher bis StielerLeonhardt stellten sich alle Teilnehmer persönlich vor. Drei „Neue“ sind von Nelli Schwarz, unserer Albwanderin und langjährigen Singwochenteilnehmerin, mit Erfolg angeworben worden. Einige SoSiWo-Teinehmer(innen) sind sogar so lange schon dabei, dass sie Walther Hensel aus Prag selbst noch erlebt haben. Von verschiedenen Teilnehmern wurden recht lustige Geschichten erzählt. Herbert erzählte z.B. von dem Ehepaar Schenk (Hildegard und Siegfried), die auf einer langen Busfahrt Schnaps ausgaben. Mit dem Singen haben wir selbstverständlich nach der Vorstellung angefangen. Die Lieder von Hensel aus dem AG-Liederbuch für den Morgenkreis „Steht auf, ihr lieben Kinderlein“ und „Wohl auf, wohl an, der Tag hebt an“ wurden geübt, und das von Herbert zusammengestellte Liederheft zur SoSiWo 15 wurde vorgestellt und daraus gesungen. Leider fehlten uns einige Tenöre. Nach der Info- und Singveranstaltung im großen Saal trafen sich viele in dem Bier- und Weinkeller zum Volksliedersingen mit Herbert, seinem Sohn Martin und Frau Angelika sowie den Enkelkindern Helena (10) und Manuel (8). Durch Martin hatten wir neben Herbert eine 2. Gitarre in der Liedbegleitung. Helena und Manuel sangen kräftig mit und sind so lange wie die Alten aufgeblieben. Die junge Preisenhammerfamilie übernachtete im Wohnmobil. Manuel freute sich besonders darauf, wie er mir erzählte. Es ist nun schon 23:30 Uhr, also Bettzeit. „A Guts Nächtle!“

Dieter Brauser, Tönisvorst

Samstag, 22. August 2015

Vor 8 Uhr habe ich meinen Dieter zum Wandern animiert. Die Sonne war schon richtig warm und der See glänzte im Morgenlicht. Pünktlich um 8 Uhr erschienen alle zum 1. Frühstücksbuffet, welches mit einem Morgenlied eröffnet wurde. Es wurde beschlossen, dass der Morgenkreis wegen der morgendlichen Kühle um 9 Uhr in unserem Sing- und Tanzraum stattfindet. Nach einem Morgenkreislied erzählte Herbert einige Geschichten von Walther Hensel. Wir erfuhren dabei, dass sein eigentlicher Vorname „Julius“ war und er sich aus Bewunderung für Walther von der Vogelweide „Walther“ genannt hat. Außerdem war er 27 Sprachen und Dialekte mächtig und hatte am Ende sogar noch Finnisch gelernt. Um uns einen Eindruck von der Sprache von Walther von der Vogelweide zu vermitteln, trug Herbert ein typisches Gedicht von diesem großen Dichter mittelhochdeutsch vor.

Das morgendliche Singen mit den dazugehörigen Lockerungsübungen übernahm größtenteils Angelika. Sie machte dies sehr gekonnt und wusste uns mit viel Geduld zur richtigen Tonlage zu bringen. Wir studierten u.a. folgende Lieder ein: „Abschied vom Walde“ von Mendelssohn-Bartholdy, „Dieser Kuckuck, der mich neckt“ von Gerd Witte, „Vom Grund bis zu den Gipfeln“ von Werner Gneist und „Zigeunerleben“ von Robert Schumann. Das letztere hatte es in sich, da es das Zigeunerleben in seinen vielen Facetten abends beim Lagerfeuer schildert. Dieses Stück wird uns noch viel Übung abverlangen!

Nach dem guten Mittagessen wurde geruht, geschwommen oder gewandert. Das Wasser war der große Anziehungspunkt, da es über 22 Grad Celsius hatte. Um 15:00 Uhr ging dann der Ruf: „Der Kaffee ist fertig“ durchs Haus und wir genossen ihn mit einem leckeren Stückchen Himbeertorte und/oder Mohnkuchen. Um 15:30 Uhr startete Ulrike mit 5 Teilnehmern ihren Flötenkurs. Wie ich hörte, hat sie gleich flott losgelegt, schließlich war die Zeit knapp. Um 17:00 Uhr war wieder Singen bis 17:45 Uhr. Zwischendurch erhielten wir von Jost nähere Informationen zu den vorgesehenen Ausflügen am Montag und Donnerstag. Der Manuel (8), unser Jüngster, erlaubte sich vom Singen eine „Auszeit“ und spielte lieber Fußball, wofür wir volles Verständnis hatten. Seine Schwester Helena (10) mit ihrer guten Sopranstimme hielt tapfer durch. Das reichhaltige Abendessen war wieder ein Genuss. Gestärkt ging es um 19:15 Uhr mit dem Singen weiter. Um 20:30 Uhr eröffnete Ursel den ersten Volkstanzabend, wobei sich die „Neuen“ („The NelliSisters“) als sehr lernfähig erwiesen. Dieser Sport für Körper und Geist tat allen gut und hat außerdem Spaß gemacht. Später im Keller, bei Wein und Bier, sorgte Herbert mit seiner Gitarre wieder für viel Pläsier. Er sang die wildesten Lieder mit unendlich vielen Strophen! Manuel spielte bis Mitternacht noch Ukulele, war also länger aufgeblieben als mancher Erwachsene. Das war also der 1. Tag unserer Singwoche. Herzliche Grüße von Louise Brauser an alle Singwochenteilnehmer.

Sonntag, 23. August 2015

Ein ganz normaler Tag mit dem üblichen Singen, Musizieren, Tanzen am Abend war angekündigt, kein Ausflug, kein Gottesdienst, bei dem wir hätten singen müssen, nur noch einige letzte Teilnehmer wurden am Abend erwartet.

Herrliches Sommerwetter, da ist das Aufstehen leicht. Sollte man vielleicht schon vor dem Frühstück schwimmen? Nein, lieber nicht, die Mittagspause eignet sich besser, da kann man sitzenbleiben und die Sonne die Haut trocknen lassen.

Der Morgenkreis findet nun nicht mehr in speziellem Rahmen mit Lied, klugen Gedanken und Musizieren von abwechselnden Gruppen statt, sondern wir singen zuerst ein Lied – es war „Vom Aufgang der Sonne“, dann großes, leckeres Frühstück, nach kurzer Pause und Überwechseln in den wunderbaren Gemeinschaftssaal mit Blick ins Grüne und auf den See im Hintergrund.

Einsingen mit „Geli“, Schwiegertochter von Gudrun und Hebbe, einer großartigen Musikerin mit einer Singstimme und Geduld mit uns wie ein Engerl! Wir widmeten die folgende Stunde der Lebensgeschichte von Werner Gneist und begannen mit dem Lied „Der Morgen, das ist meine Freude“. Nun folgte ein Vortrag von Dorothee über Werner Gneist. Es war ein Genuss, ihr zuzuhören. Mir war neu, dass er nicht nur dichtete und komponierte, sondern auch Singwochen geleitet und Walther Hensel persönlich gekannt hatte. Wir hörten die für die letzten Jahrzehnte typische Biographie eines Mannes, geboren 1898, der zwei Weltkriege miterlebt hatte, oft die Wohnsitze wechseln musste, im 2. Weltkrieg in russische Kriegsgefangenschaft geraten war und es Jahre dauerte, bis er seine Familie in der Schweiz – seine Frau war Schweizerin – wiederfand. Ab 1963 lebte er in Kirchheim Teck, wo er 82jährig im Jahre 1980 starb. Zum Abschluss vom Morgenkreis dann das bekannteste Lied von Werner Gneist: „Es tagt, der Sonne Morgenstrahl weckt alle Kreatur“.

Nach Gneist beschäftigten wir uns nun mit Felix Mendelssohn-Bartholdys wunderbarem Lied „O Täler weit, o Höhen“ mit Angelika als Dirigentin. Gut, dass ich die Melodie und den Text schon kannte, trotzdem war es spannend und gar nicht einfach, all das, was in diesem Stück steckt, herauszuarbeiten, schön und ausdrucksvoll zu singen, unendlich geduldig von Angelika geführt.

Dann wurde zum „Zigeunerleben“ von Robert Schumann gegriffen, eine echte Herausforderung; das Stück kannte ich nicht. Wo liegt denn der Anfangston? Und wann kommen wir Soprane mit „das Feuer“ dran? Dumm, schon wieder den Einsatz verpasst… Aber ein tolles Stück, das mit Herberts Klavierbegleitung großartig wuchs und wuchs.

Nochmals Singen mit Hebbe „Vom Grund bis zu den Gipfeln“, Cantate Domino und weitere Lieder aus dem eigens erstellten Liedblatt zur Sommersingwoche. Nach dem Mittagessen große Pause für mich, die ich nicht musiziere, Zeit zum Entlangwandern am See und ausgiebigem Schwimmen im warmen Seddiner See, Kaffeetrink- und Kuchenessmöglichkeit um 14:30 Uhr. Ich zog das Faulenzen am Wasser vor.

Um 17 Uhr wieder Singen. Gudrun begleitete uns mit ihrer Flöte bei „Die Flöte ruft den hellen Tag“ und das von Hebbe vertonte Lied von der „Rosenknospe“, ein Distichon von J.W. von Goethe. Ging schon ganz gut.

Um 18 Uhr Abendessen, um 19:15 Uhr nochmals Singen mit Geli und Hebbe, wir begrüßten vier Neuankömmlinge, nun waren wir komplett!

Noch ist der Tag nicht zu Ende: Ursel rief zum Tanze. Und da ich das ganze Jahr nicht tanze, aber schon oft auf Singwochen war, erkannte ich zwar oft die Musik und die Namen der Stücke, hatte aber keine Ahnung, wohin ich meine Schritte lenken sollte. Es gibt einfach zu viele Möglichkeiten, aus dem Tritt zu geraten. Aber alles halb so wild, Ursel greift ein, wenn es ihr zu bunt wird. Und es wird viel gelacht, vor allem, wenn es nicht klappt.

Beim abschließenden Roien sind wir dann wieder vereint und gehen nach Ursels Wünschen für ein „Gut’s Nächtle, ein gutes Schlückle, ein schönes Träumle in einem warmen Bettle nach einem warmen Düschle“ ziemlich fröhlich schnatternd Richtung Kellerbar zum letzten fröhlichen Singen mit Hebbe und Martin an den Gitarren. Eigentlich doch ein volles Programm gewesen an diesem Tag. Ein Sonntag besonderer Art.

Helga Alscher, Starnberg

 

Freitag, 28. August 2015

Nachdem wir am Donnerstag einen schönen Tag in Berlin erlebt haben, trafen wir uns am Freitag Morgen wohlbehalten zum Frühstück. Danach wanderten wir in den Ort Seddin, um in der kleinen Kirche unseren Morgenkreis zu gestalten. Im Zentrum des Dorfkerns steht das Gotteshaus. Der Wetterhahn auf dem Turm zeigt die Jahreszahl 1735. Das Schiff ist ein schlichter Saalbau. Eine spätbarocke Kanzel beherrscht die Altarwand, darunter steht der Abendmahlstisch. Im Mittelgang steht der massive Taufstein und eine dreiseitige Hufeisenempore erweitert das Platzangebot.

Die Flötengruppe spielte ausgesprochen schöne Sätze und wir sangen einige Morgenlieder. Abtprimas Notker Wolf hat einige Gedanken über das Thema „Musik ist eine Himmelsmacht“ aufgeschrieben. Darin heißt es „Wer liebt und musiziert bewegt sich in einer besseren Welt.“

In die Heim-Volkshochschule zurückgekehrt, trafen wir uns im Saal, um zu singen. Nach dem Mittagessen gab uns Jost einen geschichtlichen Abriss über das Leben und Wirken von Jan Hus (1365 – 1415), dem tschechischen Kirchenreformer.

Nach dem Nachmittags-Kaffee übten die einzelnen Musikgruppen. Ab 16:30 Uhr wurden wieder die Chorsätze aus dem Singwochenheft geübt. Mit besonderer Freude sangen wir von R. Schumann das „Zigeunerleben“. Das passte richtig zu diesen schönen Sommertagen. Nach der Abendprobe durfte der Tanz nicht fehlen. So haben wir wieder einen erlebnisreichen Tag gehabt, der bei einem guten Tropfen im „Keller“ beschlossen wurde.

Auf diesem Wege möchte ich mich bei allen Organisatoren und dem Durchführungs-Team herzlich bedanken. Für mich waren es wieder sehr eindrucksvolle Tage mit einem ganz besonderen Wert. Herzlichen Dank dafür! Möge in der Welt mehr gesungen werden!

Waldtraut Roßberg, Radebeul

Ein Singwochenbericht in Briefform

Liebe Freundin,

Du hast nicht locker gelassen, hast geschwärmt von Euren Singwochen der WaltherHensel-Gesellschaft, hast mir erzählt, wie sehr sich auch Heinz dort wohlfühlt und sagst mir immer wieder, dass Ihr Euch bei den Singwochen gut aufgehoben wisst. Dir würde etwas Wesentliches fehlen, wenn es diese Gelegenheiten nicht mehr gäbe. Ich solle mir einfach einen Ruck geben und mal mitkommen. Es sei zwar schade, dass mein Fritz keine Singstimme hat, Männerstimmen sind in jedem Chor hochwillkommen, aber auch solo bin ich dort gern gesehen.

Ich singe, wann immer mir eine Melodie in den Sinn kommt. Das weißt Du. Das Singen sorgt immer wieder für frohes Wohlbefinden. Oft ist das Singen auch einfach Balsam für die Seele. Mit einem Lied auf den Lippen fühlt man sich nicht allein. Irgendwann gab ich Dir die Zusage, mit Dir die Sommersingwoche in Seddin zu verbringen. Du konntest nicht von Anbeginn dabei sein, kamst erst zwei Tage später hinzu.

Also fuhr ich allein mit der angegebenen Buslinie 643 eine lange Strecke durchs Grüne bis Seddin zum Jägerhof. Dort stiegen zwei weitere Damen mit mir aus. Wie ich später erfuhr, war es Jost Köhler, der mit strahlendem Lächeln auf uns zukam und uns begrüßte. Ich hatte nicht erwartet, abgeholt zu werden, war auf meinen vorgesehenen 500 m langen Fußmarsch eingestellt und staunte sehr, mit welcher Selbstverständlichkeit Jost auch meinen Koffer in sein Auto hievte.

An der Rezeption sorgte eine Unstimmigkeit für Verwirrung. Die Zimmernummer 411 (meine Unterkunft) gäbe es nicht, meinte die Dame. Betroffene Gesichter ringsum. Jost schaute sich die Liste an und musste verdutzt feststellen, dass die Angabe der Rezeption zutraf. In diesem Moment kam der rettende Engel, Ursula Brenner, zur Tür herein und hörte von dem Dilemma. Resolut und kurz entschlossen machte sie sich mit mir und ich mich mit meinem Koffer auf den Weg zum Haus Seeblick, um dort das Zimmer Nr. 411 nicht nur zu suchen, sondern auch zu finden. Diese Unterkunft sei für mich eingeplant, meinte Ursula, also müsse sie auch vorhanden sein. So war es dann auch. Ich konnte die Nacht beruhigt im behaglichen Bett verbringen.

Die Heimvolkshochschule in Seddin ist ein Komplex von Häusern, der sehr idyllisch in absolut ruhiger Lage unmittelbar am See gelegen ist. Die Zimmer sind hell und licht. Ich hatte einen Ausblick auf eine prächtige alte Kastanie in dem sehr gepflegten, saftig grünen Rasen dieser Anlage, den jeder betreten durfte. Es gab einen direkten Zugang zum See, in dem gebadet wurde. Schwimmen gehörte für so manchen Teilnehmer zum Tagesprogramm. Auch das Rudern wurde gern in der freien Zeit ausprobiert. Oder wir machten uns auf den Weg um den See herum, bis die Uhr uns gemahnte, umzukehren, weil Jost Köhlers Vortrag über Jan Hus lockte oder Hans-Dietrich Lehmanns Erinnerungsfilm über Berlin. Auch Dieter Brauser benötigte etwas Sonderzeit für seinen wunderbaren „Power-Point“ zum Abschlussabend.

Die schöne große Terrasse des Haupthauses lud immer wieder zum Verweilen ein, so dass interessierte Nachtschwärmer gern von hier aus den zunehmenden Mond beobachteten, bis er seinen vollen Umfang erreicht hatte. Dann wurde fotografiert – mitten in der Nacht! Gute Technik macht halt vieles möglich.

Die Kinder konnten, wenn sie wollten, Tischtennis spielen oder sich auf dem Rasen auch mit größeren Bällen vergnügen. Sehr beliebt war bei ihnen das spielerische Musizieren mit ihrer Oma Gudrun Preisenhammer.

Die Küche, die uns verwöhnte, war bemerkenswert gut. Das morgendliche Schmankerl waren wohl die heißbegehrten Heidelbeeren; die waren weg, eh man richtig hingeschaut hatte!

Im Vordergrund aber stand für uns alle das Singen und am Nachmittag für etliche der Teilnehmer das Musizieren mit den unterschiedlichsten Instrumenten.

Sogar eine Trompete war dabei. Gesungen wurde täglich nach dem Frühstück bis zum Mittagessen und nach dem Musizieren bis zum Abendbrot; danach noch einmal eine gute Stunde lang „zum Einstimmen auf das abendliche Tanzprogramm“. Gesungen wurde mit hörbarer Freude. Angelika und Herbert, die sich in der Singleitung abwechselten, brauchten trotzdem viel Geduld, unsere Stimmen zum perfekten Auftakt und Einsatz zu führen. Man sah die Freude auf ihren Gesichtern, wenn es gelungen war. Nicht nur auf ihren Gesichtern. Erfolg macht uns immer glücklich!

So erging es auch Ursel Brenner. Geselliges Mitmach-Tanzen macht viel Vergnügen, die Tanzformationen sehen wunderschön aus, ergeben ein sehr anschauliches Bild auf der Tanzfläche, wenn, ja wenn…die Schritte konzentriert und genau gesetzt werden. Jeder falsche Schritt fällt auf, da alle die gleichen Bewegungen vollziehen müssen. Klappt es nicht, schleicht sich Frust beim Betroffenen ein. Dann will jeder dem Hilfebedürftigen helfen. Der Lärmpegel steigt und die so nötige Konzentration ist hin. Aber es gibt doch Ursels Ansage.

O ja, die gibt es, und Ursula gab sie laut und deutlich immer wieder. In Situationen der Gruppenbegeisterung werden Erwachsene zu erwachsenen Kindern. Da braucht’s die ausgebildete Expertin: Ursula wusste, wie man die Gruppen zum Ziel bringt und dann war stets große Freude im Saal, ausnahmslos jeden Abend. Das beweist, wie lernfähig wir in unserem Alter noch sind!

Anschließend trafen wir uns gern im gemütlichen Keller bei Bier oder Wein zum „Nachtgesang“ oder es ging nach einer warmen Dusche müde ins Bett. Denn morgen ist auch noch ein Tag.

Zwei davon nutzten wir zu interessanten Ausflügen ins Havelland und nach Berlin, nicht ohne unsere bemerkenswerte Reiseleiterin, Frau Pupka, die dafür sorgte, dass es nicht an geistiger Nahrung mangelte.

Und selbst an diesen Tagen wurde noch gesungen, nicht nur im Bus. Der Lektor im Brandenburger Dom, der uns bereitwillig mit interessanten Informationen versorgte, hat uns im Altarraum singen lassen, was sonst nicht erlaubt ist. Was für eine Akustik in diesem fantastischen Rahmen für unseren Lobgesang! Das war Perfektion vom Feinsten.

Eine derart umfangreiche Veranstaltung wie es die Sommersingwoche ist, so außergewöhnlich gut und umsichtig – bis ins Einzelne hinein – organisiert zu haben und konsequent durchzuführen, wie es Jost Köhler mit seiner Crew geschafft hat, ist keineswegs selbstverständlich zu erwarten. Es bedarf der Bereitschaft zum ehrenamtlichen Engagement. Das ist sicherlich allen klar, und jeder wird diese Fähigkeiten zu schätzen wissen. Leider ist stille Hochachtung nicht zu hören. Das ist nun der Bericht über meine Eindrücke als Neuling in der Singwochengemeinschaft, um den du mich gebeten hast. Der völlig unkomplizierte Umgang miteinander hat mich beeindruckt und hat mir außerordentlich gut getan.

Auf Wiedersehen beim nächsten Mal!

Ingeborg Springer, Celle