Sommersingwoche vom 05. bis 14. August 2008
Sommersingwoche vom 05. bis 14.08 2008 in Lubowitz/Oberschlesien mit 45 Teilnehmern.
Aus dem Vorwort des Berichtsheftes der SSW Lubowitz
Die Singwochen der Walther-Hensel-Gesellschaft haben sich seit Jahren, ja seit Jahrzehnten, zu wirklichen Kulturwochen entwickelt. Es wird natürlich gesungen, musiziert, es werden Volkstänze getanzt, Vorträge gehört, Wanderungen und Busausflüge gemacht. Wenn aber die geneigte Leserin, der geneigte Leser dieses Berichtsheft in Händen hält, darin blättert oder gar einige Abschnitte daraus liest, dann können sich wahre Wunderwelten an verschiedensten Erlebnissen auftun. Ich persönlich war wieder restlos angetan von dem, was Referenten und Teilnehmer für dieses Heft geschrieben und zusammengetragen haben.
Eichendorff, das war bei dieser Singwoche an seinem Geburtsort das Zauberwort. Noch selten haben wir so unmittelbar die Verbindung der Vergangenheit, z.B. die Schlossruine in Lubowitz, mit der Gegenwart, z.B. unseren Morgenkreis vor dieser Schlossruine mit einer bedeutenden Persönlichkeit des deutschen Geisteslebens erlebt. Eichendorff war einfach immer gegenwärtig, in seinen Gedichten und den Liedern der Komponisten, beim Morgenkreis oder beim Spaziergang am Schloss. Immer wieder ist es erstaunlich, was in so eine kurze Zeit, in acht Tage, hineingepackt werden kann. Davon berichten die Beiträge in diesem Heft sehr eindrucksvoll. Es bleibt jedoch immer ein Geheimnis, was so eine Singwoche im Innersten zusammenhält, um ein Goethewort abgewandelt zu zitieren.
Teilnehmer aus vielen deutschen und europäischen Ländern haben die Fahrt nach Oberschlesien mitgemacht. Manche haben ihre Heimatorte denen gezeigt, die vor Flucht und Vertreibung verschont geblieben sind. Alle waren sehr interessiert, etwas über das Heimatland von Eichendorff zu erfahren. Wir sahen mit Erstaunen, was er auch den Polen bedeutet. Das könnte beispielhaft für andere Länder sein, in denen deutsche Geistesgrößen, aber auch sehr viele einfache Menschen einst zu Hause waren.
Herbert Preisenhammer, Stuttgart
Unser Tagesausflug ins Kuhländchen nach Neutitschein, Heinzendorf und Sedlnitz.
Mit „Regen und Wind“, treffender kann die Abfahrt ins Kuhländchen nicht beschrieben werden. Während der Fahrt konnte ich die Teilnehmer mit dem Kuhländchen, seiner Geschichte, Besiedelung und seinen Menschen bekannt machen. Nach langer Fahrt im Regen sind wir dann in Neutitschein angekommen. Petrus hatte ein einsehen und schickte immer, wenn wir im Freien waren, den Regen wo anders hin.
Ein kurzer Rundgang durch das Schloss und über den Stadtplatz führte uns zu Stadtpfarrkirche. Dort war eine Hochzeit und nach kurzer Verhandlung mit dem Mesner durften wir anschließend noch in die Kirche. Natürlich erklangen unsere Lieder in der schönen Kirche „Mariä Himmelfahrt“ die auf dem Hochaltarbild dargestellt ist. Mit meinen beiden Nichten Sigrun und Gerlind ging ich anschließend über den Schillerpark mit der Dreifaltigkeitskirche und dem Beinhaus zur Obertorstraße 70, dem Elternhaus der Preisenhammer.
Leider war die Zeit zu kurz für einen Blick ins Haus. Auch von der Hofseite aus haben wir es begutachtet. Bei strömendem Regen holte uns unser Bus direkt vorm Haus an der Bushaltestelle ab. Weiter ging die Fahrt dann nach Heinzendorf, dem Geburtsort von Gregor Mendel. Da wir erst auf 15 Uhr eine Besichtigung des Geburtshauses vereinbart hatten, gab es noch eine kleine Wartezeit bis zum früheren Erscheinen des Hausmeisters. Das Geburtshaus, ein Bauernhof mit Innenhof ist ganz neu renoviert und zu einem Begegnungshaus mit Übernachtungsmöglichkeiten ausgebaut. In mehreren Räumen ist eine Ausstellung über Gregor Mendel und seine Vererbungslehre sowie die Weiterentwicklung bis zur heutigen Gentechnik.
Weiter ging es dann nach Sedlnitz zum ehemaligen „Schloss“ von Eichendorff. Es ist ein etwas größeres Haus, das aber stark renovierungsbedürftig ist. Vor dem Haus ist ein Gedenkstein an Eichendorff.
Rechtzeitig zum Abendessen waren wir dann wieder in Lubowitz.
Helmut Preisenhammer, Winnenden
Eine Abhandlung über das Kuhländchen und Neutitschein ist im Singwochen-Berichtsheft abgedruckt. (Erhältlich bei der Geschäftsstelle der WHG)
Schläft ein Lied in allen Dingen
Zum 3. Mal (1995, 2001 und nun 2008) hatte ich das Glück, mit den lieben HenselFreunden die Heimat Eichendorffs in Oberschlesien zu besuchen.
Eigentlich stammen die Eichendorffs aus dem heutigen Niederbayern. Der Markt Eichendorff bei Landau gilt als gesicherter Herkunftsort der Familie. Bereits 960 lassen sich zwei Herrenhöfe im Besitz der Passauer Bischöfe nachweisen. In einem Vertrag („Monumenta Boica“) – wie eine germanistische Dissertation belegt – „zwischen dem Hochstift Passau und den Bayerischen Herzögen heißt es ausdrücklich, dass die Herren von Eichendorff als herzogliche Ministeriale (gehobene Beamte) tätig waren“. Im Urkundenverzeichnis von Kaiser Ludwig dem Baiern ist für den 6. Oktober 1334 ein Treffen des Kaisers mit dem Herzog von Niederbayern belegt, das auf dem Schloss Heinrichs von Eichendorff in Eichendorff stattfand.
Die Freiherren verschlug es nach 1390 in die Mark Brandenburg. Jacob von Eichendorff ließ sich als erster in Oberschlesien nieder. Da er selbst kinderlos blieb, machte er seinen Neffen Hartwig Erdmann von Eichendorff zum Erben. Dieser hatte 1655 das Lehen Sedlnitz in Mähren erworben, und Sedlnitz, das wir besucht haben, blieb den Eichendorffs bis zuletzt erhalten.
Die Lebensstationen dieses genialen Dichters zu beschreiben erspare ich mir, da sie an anderer Stelle ausgiebig gewürdigt wurden.
Schloss Lubowitz musste nach dem Tod der Eltern 1823 versteigert werden. Die wehmütigen Abschiedsgedichte zeugen von Josephs Verfassung – wir haben sie bei unserem Aufenthalt gehört und gesungen.
Die Begegnung mit Lubowitz, der Ruine des mächtigen Schlosses (das bald wieder aufgebaut werden soll) und dem ausgedehnten Schlosspark war fast ein Heimkommen für mich.
Wir wohnten im neuen Eichendorff-Begegnungszentrum nahe dem Park, wanderten auf Eichendorffs Spuren, im Herzen und auf den Lippen seine Gedichte und Lieder, fühlten uns im Geiste mit ihm verbunden.
Eichendorff-Vertonungen von Franz Biebl, Felix Mendelssohn (1809 – 1847), Walther Hensel (1887 – 1956), Werner Gneist (1898 – 1980) und auch Herbert Preisenhammer (*1936) vertieften die Eindrücke Eichendorffscher Lyrik und machten sie zum unvergesslichen Erlebnis.
Eines der letzten und schönsten Gedichte verfasste Joseph in seinem letzten Sommer am 6. August 1815 in Sedlnitz:
Herbert P. hat dieses Kleinod im Frühjahr 2008 wunderbar vertont. Er trifft mit seinen Klängen den Zauber des Textes. Das Schwebende von Schlaf und Traum wird in verhaltener Melodik (in fast monotonen Sekundschritten) ausgedrückt. Und mit dem Zauberwort ändert sich alles. „Die Welt hebt an zu singen…“: in strahlenden Dreiklängen schwingen sich alle Stimmen hinauf zum Höhepunkt, einem Dominantseptakkord auf das Wort „singen“, um dann wieder abzusteigen zum „triffst du nur das Zauberwort“. Jede Stimme hat ihr „triffst“ nicht ganz leicht zu treffen, bis ein Dominantseptnonakkord erklingt. Das Zauberwort vereint dann alle Stimmen zum ruhigen Schlussakkord. Wir werden, so hoffe ich, dieses Kleinod der Dicht- und Kompositionskunst noch oft singen.
Dorothea Edelmann, München
Liebe Gudrun, lieber Herbert
Grosser Dank gebührt euch für eine wieder so grossartige, erlebnisreiche Singwoche. Ich habe in den Berichtsheften früherer Singwochen geblättert. Welch ein Reichtum für Herz, Geist und Gemüt ist uns da jedes Mal geboten worden. Und nun diese SoSiWo in Lubowitz, ähnlich in der Tradition der früheren und doch wieder ganz neu, ganz anders. Der Name Joseph von Eichendorff, einem von Kindheit an bekannt, und doch unbekannt, ist uns nun durch Sigruns Morgenkreis-Vorträge – und dies in seinem Geburtsort, unweit der Ruinen seines Geburtsschlosses – so nahe gebracht worden! Es war tief beeindruckend, dem Dichter so nahe zu kommen, vor allem auch in den Vertonungen seiner Gedichte, die diese Singwoche prägten.
Was ihr mit euren „Stab“ dann noch alles in diese Woche hineingezaubert habt, um uns mit Land und Leuten bekannt zu machen, dass die Mühle nicht fehlen durfte und das Lagerfeuer …. Es war wieder überwältigend und ich bin dankbar, dass ich das alles noch einmal erleben durfte. Herzlichen Dank für alle Vorarbeit und die Arbeit – sichtbar und unsichtbar – während der Singwoche die ihr und euer treuer „Stab“ geleistet habt!
Eure Anna Santschi aus Thun, 23. August 2008
Ich schliesse mich Mamas Zeilen an. Für mich war es wunderbar 25 Jahre nach meiner ersten und einzigen SoSiWo, damals in Alexandersbad (als jüngste Teilnehmerin), wieder an einer teilnehmen zu können! Zudem kommt auch, dass ich vorher noch nie in einem osteuropäischen Land war und auf diese Weise einen Eindruck bekommen konnte. Die mit Gerlind, Irmtraud und Hebbe erarbeiteten Lieder klingen in mir nach, wo ich stehe und gehe. Immer wieder stellt sich eine Textzeile oder gar die Melodie dazu bei mir ein. Manchmal begleite ich mich am Cello, damit ich wenigstens eine Stimme zusätzlich habe. Es tut mir gut und gibt mir Schwung für das, was zu tun ist. Meine Singstimme ist auf der Singwoche zu neuem Leben erweckt worden, konnte ich doch mehrere Monate überhaupt nicht singen und ich wusste nicht, ob es mir möglich sein würde, eine Woche lang zu singen. – Ganz besonders habe ich auch das Tanzen genossen, um nach dem Sitzen und Stehen beim Singen auch noch ein bisschen in Bewegung zu kommen. Dabei schätzte ich die Art, wie Ursula die Tänze anleitete, aufs Neue sehr.
Ein grosses Dankeschön allen Mitorganisatorinnen und -organisatoren sowie allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern – denn: Was wäre eine Singwoche, die nur aus dem Organisationskomitee bestünde? – die diese Woche ermöglicht haben!
Anna-Barbara aus Bern, 27. August 2008